Hintergrundinformation

Thema: Armut in Deutschland

Was ist eigentlich Armut?

Es gibt keine einheitliche Definition des Begriffes Armut. Je nach Blickwinkel gibt es verschiedene Definitionen des Begriffes:

Absoluter Armutsbegriff: An dieser Definition wird regelmäßig zuerst gedacht, wenn über Armut gesprochen wird. Danach ist arm, wessen Einkommen das objektive Existenzminimum unterschreitet. Unter Existenzminimum ist danach alles das gemeint, was physisch an Nahrung, Kleidung, Gesundheitsversorgung zum Überleben notwendig ist. Das Soziokulturelle Existenzminimum wird in Deutschland durch Sozialhilfe bzw. Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB II (Hartz IV) sichergestellt und das steuerliche Existenzminimum geschützt.

Relativer Armutsbegriff: Nach dieser Definition gilt als arm, wer für sich und seine Familie nicht in der Lage ist, den in der Gesellschaft allgemein anerkannten minimalen Konsumstandard sicher zu stellen. Da der durchschnittliche Lebensstandard einer Familie regelmäßig eng mit dem Durchschnittseinkommen in Verbindung steht, hat sich wird oft von relativer Armut ausgegangen, wenn das Einkommen weniger als 50 % des Durchschnittsnettoeinkommens beträgt.

Problematisch ist, dass es verschiedene Formen der Berechnung des Durchschnitteinkommens gibt, so dass es je nach Methode unterschiedliche Ergebnisse gegen kann. Das Niedersächsische Landesamt für Statistik geht für das Jahr 2004 in Niedersachsen von einem Durchschnittseinkommen von 1145,– EUR, (Gesamtdeutschland: 1151,– EUR) aus. Unter die relative Armutsgrenze fällt demnach jeder, der weniger als 572,– EUR Einkommen hat. Da die Bedarfe der Mitglieder eines Haushaltes nicht proportional zur Haushaltsgröße steigen, wird bei der Berechnung der Armutsgrenze bei Mehrpersonenhaushalten das Durchschnittseinkommen nicht mit der Anzahl der Personen im Haushalt multipliziert. Die erste Person erhält das volle „Bedarfsgewicht“ (Faktor 1), die zweite Person im Haushalt erhält das „Bedarfsgewicht“ 0,8 und alle weiteren Personen 0,6. Bei einem 4-Personen Haushalt liegt die Armutsgrenze in Niedersachsen demnach bei 1716,– EUR Familieneinkommen (572 x (1 + 0,8 + 0,6 +0,6)).

Andere Berechnungen gehen von relativer Armut bzw. Armutsrisiko aus, wenn das durchschnittliche Einkommen unter 60 % des „bedarfsgewichtigen Nettoäquivalenzeinkommens“ liegt. Aufgrund unterschiedlicher statischer Berechnungen geht z. B. der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung davon aus, dass die Armutsrisikogrenze für eine Einzelperson bei 938,– EUR liegt, während Haushaltsangehörige über 14 Jahren mit Faktor 0,5 und Haushaltsangehörige unter 14 Jahren mit Faktor 0,3 gewichtet werden. Danach läge eine Familie mit 2 Kindern unter 14 Jahren bei einem Einkommen unter 1970,– EUR unterhalb der Armutsrisikogrenzen.

Gibt es Armut in Deutschland?

Nach beiden oben genannten Definitionen gibt es Armut in Deutschland.

Absolute Armut sollte durch die Leistungen zum Lebensunterhalt oder Arbeitslosengeld II grundsätzlich ausgeschlossen sein, trotzdem tritt sie auf. Sie entsteht vor allem dann, wenn Menschen Ansprüche auf staatliche Hilfen nicht geltend machen oder nicht geltend machen können. Da diese Menschen statistisch nicht erfasst werden ist die Zahl derjenigen, denen weniger als der Sozialhilfesatz bzw. das Arbeitslosengeld II zur Verfügung steht, nicht bekannt. Gemeinsam ist diesen Menschen

Zu der Bevölkerungsgruppe, die von absoluter Armut betroffen ist gehören z. B. viele der über 300000 wohnungslosen Menschen in Deutschland sowie die 5000–7000 Straßenkinder.

Die Anzahl von Menschen in relativer Armut lässt sich durch die Einkommenserhebungen der statistischen Bundes- und Landesämter erheben. Danach waren 2004 in Niedersachsen 13,1 % aller Haushalte von relativer Armut betroffen, damit war die Quote genauso hoch wie im gesamten Bundesgebiet 13,6 %. In absoluten zahlen waren dies in Niedersachsen etwa 490000 Haushalte und im gesamten Bundesgebiet etwa 4,92 Mio. Haushalte.

Gibt es heute mehr Armut als früher?

Der Bevölkerungsanteil in so genannter „relativer Armut“ ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich größer geworden. Der Bevölkerungsanteil der Leute unterhalb der Armutsschwelle ist allein in den Jahren 2002 bis 2004 in Niedersachsen um einen Prozentpunkt von 12,1 % auf 13,1 % gestiegen.



Das relative Armutsrisiko bedeutet aber nicht automatisch, dass alle armen Menschen tatsächlich weniger Geld zur Verfügung haben als früher. Denn durch die gestiegenen Durchschnittseinkommen hat sich die „Armutsschwelle“ in absoluten Werten erhöht. Allerdings ist davon auszugehen, dass bei einem Ansteigen des Durchschnittseinkommens auch der Lebensstandard steigt und somit die Ausgaben für den Konsum sich ebenfalls erhöhen.

Weitere Informationen:

Thema Armut (1,23 MB)

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Erklärung von Diakonie und Kirche zum dritten Armuts- und Reichtumsbericht (24 KB)

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